Eindrücke aus den Jahren von 1500-1800

1500-1700 Die Zeit der beiden Türkeneinfälle

Ein weitreichendes Ereignis, das die Entwicklung des Ortes auf das schwerste beeinflusste war der erste Türkeneinfall (1529). Herumstreifende Herden zerstörten den Pfarrhof, die Kirche und den ganzen Ort. Gewaltsam drangen die Eroberer in die versperrte Pfarrkirche ein. Das Gotteshaus wurde in Brand gesteckt, das Gewölbe des Mittelschiffes stürzte ein, während Presbyterium und Seitenschiffe erhalten blieben. Diese zeugen noch den frühgotischen Baustil, während das zerstörte Hauptschiff durch ein spätgotisches ersetzt wurde.

Die folgenden Jahre waren von Not und Armut gekennzeichnet. Noch 1544 wusste Pfarrer Paul Feuerschütz kaum, wie er sich erhalten sollte. Er sei allein, wo doch früher 3 Pfarrer waren, Pfarrhof und Kirche seien nur zum Teil aufgebaut, die Schule geschlossen. Die mittlerweile zum Luthertum übergetretenen Herren von Greiß setzten evangelische Prediger ein.

Der Hesse Andreas Roth erhielt durch sie die Pfarre. Die Schule hatte erst 1580 wieder einen Lehrer, der "ein feines Einkommen von 50 Gulden" genoss, eine für die damalige Zeit wirklich fürstliche Besoldung. Pyhra blieb für den katholischen Glauben verloren, bis durch strenge Gebote des Kaisers Ferdinand II der eingedrungenen protestantischen Lehre ein Ende gesetzt wurde. In einem zeitgenössischen Bericht heißt es hierzu: "Den 14. März 1625 wurden Probst Martin zu Herzogenburg und Ortslieb von Pötting als Commisäre beordert, sich nahe Pyhra zu verfügen, die Kirchenschlüssel abzufordern und sich durch nichts in ihrem Geschäft beirren zu lassen."

Am 25. März trafen sie hier ein. Trocken erklärte ihnen der lutherische Prediger, er werde ihnen die Kirchenschlüssel nicht aushändigen und keine Macht werde ihm hindern, den Kirchendienst zu versehen. Die herumstehenden Bauern gerieten in heftigen Zorn, und einer schrie: "Man wird doch diesen Kaiser auch noch wohl tumblen und putzen."

Der Aufstand wurde nur durch den beharrlichen Ernst und die Gegenwart der Commissäre unterdrückt. Der frevelnde Schreier wurde in Eisen geschlagen, die Kirchentüre verschlossen und versiegelt. Freiherr von Greiß überhäufte die Abgesandten des Kaisers mit Vorwürfen und drohte, er werde die Siegel wegreißen. In Wien glaubte er dadurch zu siegen, dass er dem Kaiser die Urkunden vorlegte, die den Kauf der Pfarrgüter zu Pyhra und das darauf haftende Patronatsrecht bewies. Der Monarch aber entschied: "Diese Güter sind Gott geweiht und können nicht in Kauf kommen." Erst am 14. August konnten die kaiserlichen Beauftragten die Pfarre Pyhra dem Stift bzw. dem Abt von Göttweig übergeben. Noch unheilvoller wurde für Pyhra und Umgebung der zweite Türkeneinfall im Jahre 1683. Hatten doch etwa 20 000 Türken zwischen St. Pölten und Wilhelmsburg ihre Zelte aufgeschlagen. Von ihrer Standlage aus unternahmen sie verheerende Raubzüge in die nähere Umgebung. Die Bewohner des Ortes scharten sich in ihrer Angst um ihren Pfarrer Pater Edmund Wagner.

Am 4. Juli schlossen sie sich in der Pfarrkirche und im festen Turm ein. Tatsächlich kam ein Schwarm von Türken in den Ort. Vergebens versuchten sie, die südliche Eingangstür zu brechen. Die heute noch sichtbaren Spuren von Axthieben bei den Türangeln stammen aus dieser Zeit. Da steckten die Türken am 15. Juli die Kirche in Brand. Unter großen Mühen gelang den Belagerten die Flucht. Sie verschanzten sich im "Blinderhof". Turm und Dachwerk der Kirche brannten, die Glocken gingen zugrunde. Altäre und Bilder wurden zerstört, die Grüfte zerbrachen. Pfarrhof, Spital (es stand auf dem Platz, wo sich heute die Schule befindet) boten ebenfalls ein Bild grauenhafter Verwüstung. Die Feinde macht sich, nachdem sie sich im Markt ausgetobt hatten, an die Verfolgung der Geflüchteten. Am 23. Juli wurden die Verängstigten im Binderholz entdeckt. Pater Edmund fand mit den Seinen, die er auch in dieser Schreckensstunde noch zur Standhaftigkeit ermuntert hatte, unter den Streichen der Feinde den Tod.

Einer mündlichen Überlieferung zufolge soll der Pfarrer, an den Schweif eines Pferdes gebunden, vom Binderholz über eine Stunde weit bis zu jener Stelle bei Auern geschleift worden sein, wo jetzt sein Denkmal (der "Johannes" s. Bild) steht. Frauen und Kinder wurden in die Gefangenschaft geschleppt. Die überlebenden Männer wurden nach Wien gebracht, um den Türken beim Schanzengraben zu helfen. "Captus a Tataris" - gefangen von den Türken - heißt es in den Matrikenbüchern. In dieser Zeit wurde die Pfarre zum größten Teile entvölkert. Deutlich geht dies aus dem Geburtenbuch der Pfarre hervor. 1682 waren noch 108 Geburten vermerkt, zwei Jahre später nur mehr 49. Der neue Pfarrherr, Pater Gottfried Grimmels, beginnt die Matriken am 10. Oktober 1683 mit den Worten: "Tauf-, Trauungs- und Sterbebuch, begonnen nach der Verwüstung dieser Pfarre Pyhra und Michelbach".

Zahlreiche Einwanderer aus Nieder- und Oberösterreich, Steiermark, Kärnten und Tirol sind hier vermerkt. Auch Bayern und Würtemburger siedelten sich hier an. Einem Bericht der Herrschaft Sinzendorf, der damaligen Besitzerin zu Wald, ist folgende traurige Bilanz zu entnehmen: 130 abgebrannte Häuser, 34 niedergemachte Hausleute, 100 "hinweggefangene" Hausleute, 245 Kinder, 109 Dienstboten (ebenfalls in die Gefangenschaft geschleppt). Die Kenntnis von den Ereignissen des Jahres 1683 verdanken wir einen gewissen Philipp Meydl, einem Mann aus Pyhra, der dem Binderholz - Massaker entkommen war. Peter Isidor Pahl ließ Abschriften dieser mündlichen Berichte anfertigen. Sie sind noch heute im Pfarrhof Pyhra als kostbare Dokumente einer fürchterlichen Vergangenheit aufbewahrt. Die Türken haben übrigens auch eine lebendige Erinnerung zurückgelassen. Beim überhassteten Abzug vergaßen sie, ein Türkenmädchen mitzunehmen. Dieses wurde am 15. Dezember 1686 auf den Namen Maria Barbara getauft. Das Mädchen wurde von einem Matthias Aichinger erzogen und hat sich am 20. Juli 1701 mit Thomas Zauner, Bauer in Mayring in der Perschenegg verehelicht. Nach diesen Jahren der Unruhe, Not und Schrecken kehrte allmählich wieder Ruhe und Ordnung ein. Die Schäden an der Pfarrkirche und den Höfen wurden behoben. Erst 7 Jahrzehnte später wurde das westliche Vorhaus, die Kanzel und Orgelgestühl erbaut.Die Pfarrgründung erfolgte 1083 durch Bischof Altmann von Passau, dem Gründer des Stiftes Göttweig. Nach diesem Bischof Altmann ist auch die ehemalige Katastralgemeinde Altmannsdorf benannt. Der Pfarrsprengel, welcher sich ursprünglich bis an die steirische Landesgrenze erstreckte, wurde aus Teilen der alten Pfarren von St. Pölten und Böheimkirchen gebildet. (Archiv Göttweig)

1700 - 1800 Franzosenkriege

1741 zog mit dem bayrisch-französischen Einfall erneut Unruhe ins Land. Vom Schicksal des Marktes Pyhra berichten nur einige wenige Zeilen aus der Hauschronik des St. Pöltner Karmeliterinnenklosters. Dort heißt es: " Dann unserer Schwester Barbara leibliche Schwester, die zu Pyhra, in einem Dorf, 3 oder 4 Stund von hier, wohnhaft war, uns bekannt und gesagt, als der Feind aus dieses Dorf zu nächtlicher Zeit nach seiner Gewohnheit geplündert und weder Kirchen noch Pfarrhof verschonet, und ihr eigenes Haus nahend an den Pfarrhof angestoßen, haben sie sich in dieser so großen Not und Angst knieender bei einem brennenden Licht und eröffneter Haustür ihrem göttlichen Kindl stets betend anbefohlen".

Um mit Verwunderung aller übrigen Inwohner des selben Dorfes ist ihr Haus und der nächsten Nachbarin ihres allein von diesem Übel der Plünderung befreit verblieben". "Feindes Einfall im Jahre 1805" lautet der Titel eines Berichtes, den Leopold Karl Maurer, Verwalter der Gräflich Trauts en'schen Güter, am 30. Jänner 1806 an seine Herrschaft erstattet. Er schildert darin den Durchzug der Franzosen durch St. Pölten und die benachbarten Orte sowie die erlittenen Schäden seiner Herrschaft. "Das Dorf Prunn und Getzersdorf entgingen der Plünderung, jedoch litten sie viel an Einquartierungen Requisitienen. Tiefenbach litt mehr und wurde auch zum Teil geplündert. Außer jenen Pferden, so nicht geflüchtet sind, sind außer den unbrauchbaren alle weg". (Die heutigen Katastralgemeinden Brunn, Getzersdorf und Obertiefenbach gehörten mit den meisten Häusern damals zur Grundherrschaft Trautsohn. Auch in anderen Dörfern der Pfarre ging es damals arg zu. Nach dem Sterberegister wurden am 16. November 1805 in Schauching Nr. 1 (Brunnhof) die 66-jährige Bäuerin Anna Maria Lechner und in Zuleithen Nr. 1 Leopold, der achtjährige Sohn des Johann Übelbacher, vom Feinde erschossen.

Am 18. November wurde der 50-jährige Bauernknecht Matthias Moser in Reichenhag Nr. 6 vom Feind erschlagen, und am 28. November erlag in Tiefenbach Nr. 12 der 60-jährige Bauer Michael Bandion seinen vom Feinder erlittenen Mißhandlungen. Reichlicher fließen die Quellen zu den Geschehnissen des Jahres 1809. Was geschah aber in diesen Wochen und Monaten abseits vom großen militärischen Geschehen in den Märkten zwischen Traisen und Schöpfl?
Das bischöfliche Konsistorium in St. Pölten verlange in einer Currende vom 26. Jänner 1810 von jeder Pfarre "eine zuverlässige Geschichte über die beim letzten Feindeinfall erlittenen Personalmisshandlungen der Geistlichen, verübten Schäden an Kirchen, Pfarrhöfen und Schulen, Auslagen an Quartierkosten, Requisitionen, edle Handlungen usw., da solches für jede Pfarre von bleibendem Interesse sei". In Ausführung dieses Auftrages berichtete der damalige Pfarrer von Pyhra, Pater Isidor Pohl, ausführlich über seine Erlebnisse und Eindrücke im Jahre 1809. (Original im Diözosanarchiv St. Pölten).